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TED x Dornbirn: Hinter den Kulissen

Moritz Kempf im Exklusiv-Interview

Am Samstag, den 22.06.2019, fand zum dritten Mal die TEDxDornbirn statt. Und weil mittendrin besser ist statt nur dabei, hat uns Moritz Kempf einen exklusiven Blick hinter die Kulissen gegeben.

Aus der jährlichen Original-TEDx-Veranstaltung (Technologie–Entertainment–Design, x = independently organized event) in Kalifornien haben sich in den letzten Jahren, über die ganze Welt verstreut, lokale Spin-Offs (TEDx Veranstaltungen) entwickelt. Moritz Kempf ist Mitorganisator der TEDxDornbirn.

Ein Teil des Teams der TEDxDornbirn 2018. In der Mitte: Unser Interviewpartner Moritz Kempf. [Bildquelle © Nicola Weiß]

Gerald: Hey Moritz! Die RednerInnen auf den TED und TEDx-Bühnen zählen zu den Besten der Welt. Sind das alles Naturtalente oder werden die TEDx-SpeakerInnen von euch gecoacht?

Moritz: Klar. Und das nicht zu knapp! Das ganze Team bei TEDx sieht sich ja vor dem Event selbst nach SpeakerInnen um. Die ausgewählten SpeakerInnen werden dann schon früh mit unserem Coach Tim Cox in Verbindung gebracht. Er hilft ihnen dann dabei, ihre Message auf den Punkt zu bringen. Würden wir das nicht machen, würden viele in den „Plauder-Modus“ fallen. Mit dem Coaching können wir das schon im Vorfeld vermeiden und für eine bessere Qualität sorgen. Wir wissen natürlich schon, wie so eine TEDx aussieht und was von den RednerInnen erwartet wird. Aber erst im Kontakt mit Tim Cox trennt sich die Spreu vom Weizen. Tim merkt sofort, ob eine Message dahintersteckt oder ob das Ganze nur „BlaBla“ ist. Wenn er findet, dass sich jemand nicht für TEDx eignet, wirft er das durchaus in die Runde.

Gerald: Wie lange vorher wird mit dem Rede-Coaching begonnen?

Moritz: Das ist unterschiedlich, aber ein halbes Jahr ist realistisch. Die Vorbereitung für diese 18 Minuten auf der Bühne ist normalerweise sehr intensiv. Es gibt auch eine Generalprobe, die findet immer am Freitag und Samstag vor der TEDx statt.

Gerald: Gute TED-Talks basieren sehr oft auf spannenden persönlichen Geschichten. Konzentriert ihr euch schon bei der Suche nach den RednerInnen auf gute persönliche Storys?

Moritz: Ja, sicher. Das Framing, in diesem Jahr war es zum Beispiel das Thema „Face it“, hilft natürlich immer auch bei der Suche nach tollen RednerInnen.

Gerald: Wie werden eigentlich die RednerInnen für die TEDx Dornbirn ausgewählt?

Moritz: Bei uns kommen die meisten SpeakerInnen aus dem Bekanntenkreis. Wir überlegen im Team, wer dafür überhaupt in Frage kommt. Das können Leute sein, die wir schon einmal bei einer Konferenz auf der Bühne erlebt haben, Buchautoren oder Menschen, die wir kennen, die auch wirklich etwas zu erzählen haben.

James Chatfield auf der TEDxDornbirn 2018 [Bildquelle © Nicola Weiß]

Gerald: Die meisten TED-Talks sind in Englisch. Warum wird in TED Talks eigentlich ausschließlich Englisch gesprochen?

Moritz: Der Grund dafür ist ganz einfach: TED ist ein internationales Format, insofern werden auch unsere TEDxDornbirn-Talks nur dann auf der offiziellen TED-Plattform veröffentlicht, wenn sie in Englisch gehalten werden. Und unsere RednerInnen wollen natürlich auch dort veröffentlicht werden, nicht nur auf YouTube. Allerdings müssen die TED-Talks ein paar Kriterien erfüllen, damit sie nicht durch das Raster fallen.

Gerald: Was muss ein TED-Talk sonst noch erfüllen, um nicht „durchs Raster zu fallen“?

Moritz: Messen kann man Qualitätsunterschiede zum Beispiel an der Sicherheit der SpeakerInnen. Bei manchen wird die Nervosität so deutlich, dass sie fast schon „wehtut“. Neben der Unsicherheit ist aber auch die Länge des Talks ein Faktor: Wenn man nur ein paar Sekunden länger spricht als die vorgegebenen 18 Minuten, wird man nicht auf der TED-Plattform veröffentlicht. Aber auch die rein technische Qualität spielt natürlich eine Rolle. Das liegt dann an unserer Organisation. Wir müssen als Veranstalter vertraglich einen hochwertigen Standard bei der Audio- und Video-Qualität garantieren. Qualitativ schlechte Videos kommen auch nicht auf die TED-Plattform.

Gerald: TED steht für Ideen, die es wert sind, geteilt zu werden. Ich habe bei Chris Anderson gelesen, dass man die Plattform nicht zum Verkaufen nutzen darf. Stimmt das?

Moritz: Ja, das stimmt. Ein TED-Event ist keine Verkaufsveranstaltung. Einzelne Beispiele aus der eigenen Praxis sind durchaus erlaubt, aber wenn man die ganze Zeit aus seinem eigenen Buch zitiert oder eigene Angebote anpreist, passt das einfach nicht zur Idee von TED. Das möchten wir auch nicht.

Gerald: Chris Anderson schreibt in seinem Buch „TED-Talks“, dass ein Drittel der besten TED-Talks ohne technische Unterstützung wie z.B. PowerPoint, Demos oder Zeichentools auskommt. Was gibt TED hier eigentlich vor?

Moritz: Ich kann sagen, dass diesbezüglich eine große Freiheit herrscht. Von TED bekommt man nur die Lizenz für die Veranstaltung. Da wird das ganze Branding vorgeschrieben, zum Beispiel, dass man das richtige Logo verwenden muss und so weiter. Auf der Bühne muss in unserem Fall „TEDxDornbirn“ erkennbar sein, aber ansonsten hat man hier alle Freiheiten. Wie schon erwähnt, sollte es nur keine Verkaufspräsentation sein und man sollte natürlich darauf achten, dass alles richtig vertont und beleuchtet ist.

Die Bühnendeko der TEDxDornbirn [Bildquelle © Nicola Weiß]

Gerald: Die TED-Bühnen sind ja teilweise ein Kunstwerk für sich. Gestaltet ihr euer Bühnenbild in Dornbirn eigentlich selber?

Moritz: Ja, das „Face it“-Thema zum Beispiel haben unsere Jungs selbst mit Glas und LEDs verklebt, gebaut und aufgehängt.

Gerald: Mit Raummiete, Technik etc. ist die Organisation von TEDx-Talks bestimmt nicht ganz günstig. „Kostenlos“ sind nur die RednerInnen. Können die Ausgaben durch den Eintritt überhaupt abgedeckt werden?

Moritz: Nein. Es ist in der Organisation einer TEDx jedes Mal eine Gratwanderung, denn sie steht und fällt mit den Sponsoren. Wenn es keine Sponsoren gibt, findet keine TEDx statt. Da wir die Arbeit komplett ehrenamtlich machen, also kein Gehalt bekommen, achten wir nur darauf, dass sich die Kosten decken. Wir bekommen nicht einmal Freikarten – einfach, weil sich das finanziell nicht ausgeht.

Gerald: Wie viel Arbeit steckt ihr letztendlich in die Organisation einer TEDx Veranstaltung?

Moritz: Das ist ganz unterschiedlich. Dieses Jahr war echt anspruchsvoll. Schon ein halbes Jahr vor dem eigentlichen Event müssen wir mit der Aussendung mehrerer Pressemitteilungen beginnen, die an das jeweilige Medium angepasst sind – bei der „VORARLBERGERIN“ betonen wir zum Beispiel die Mädels im Team, bei einem Technikmagazin betonen wir die technische Ausstattung.

Wir stecken also sehr viel Arbeit in die Texte, ohne zu wissen, ob wir überhaupt verlegt werden. Nach der Aussendung telefonieren wir dann nochmal nach, ob Interesse an den Texten besteht und ob wir davon auch ein Belegexemplar bekommen. Der Pressenachweis wiederum ist für unsere Sponsoren wichtig. Und die PR ist nur ein Thema. Hinzu kommen noch Social Media, Shootings, Grafikarbeit … das sind wirklich viele Stunden und Tage, die da ehrenamtlich hineinfließen. Aber: Wer einmal eine TEDx mitorganisiert hat, weiß ganz genau, warum er das macht.

Gerald: Warum machst du es?

Moritz: Wegen dem Hochgefühl an dem Tag, das sich auch für die nächsten 5-6 Tage nicht beruhigt. Außerdem mache ich es, weil ich das Konzept von „Ideas worth spreading“ so wichtig finde. Das ist für mich ein wichtiger Kontrapunkt zur Medienlandschaft und auch ein Stück „heile Erde“.

Großer Andrang auf der TEDxDornbirn [Bildquelle © Nicola Weiß]

Gerald: Was hast du hinter den Kulissen besonders interessant gefunden?

Moritz: Was mich besonders fasziniert hat war und ist die Dynamik im Team: Jeder weiß immer, was er zu tun hat, ohne dass jemand dauernd Anleitungen gibt.

Gerald: Was würdest du jemandem mitgeben, der oder die einmal bei TED auftreten möchte?

Moritz: Eine wichtige Frage, die sich jede Person stellen sollte, ist: Warum möchte ich auf die Bühne? Wenn die Antwort lautet: Weil ich eine Botschaft habe, die ich Menschen mitgeben möchte, dann ist TED mit Sicherheit das Richtige. Wer es allerdings aus Egozentrik und Selbstdarstellung machen will, sollte es lieber lassen.

Gerald: Ist die Unerfahrenheit beim Reden ein Problem?

Moritz: Überhaupt nicht. Unsere RednerInnen müssen ja keinen „Dienst“ auf der Bühne erbringen. Im Gegenteil: Wir schätzen sie sehr dafür, dass sie bei uns mitmachen und geben unser Bestes, dass sie ein gutes Gefühl bei der Sache haben. Wenn jemand authentisch, greifbar und vor allem fehlbar ist, ist mir das tausendmal lieber als ein „Theatergockel“, der schon tausendmal dieselben Worte in den Mund genommen hat.

Gerald: Hast du einen Talk vom letzten Jahr, den du empfehlen kannst?

Moritz: Jörg Menche hat einen Talk über Proteinnetze gehalten – also kleine Netzwerke in Proteinen. Diese Netze hat er mit Organisationsnetzen unserer Gesellschaft verglichen: Die Übereinstimmung von ganz klein zu ganz groß. Das war der Hammer.

[Videoquelle: youtube.com]

Zusammenfassend kann man also sagen:

1. Jeder und jede kann einen TED-Talk halten
Voraussetzung ist allerdings ein gutes Englisch. TED ist ein internationales Format, deshalb werden auch die TED-Talks nur dann auf der offiziellen Plattform veröffentlicht, wenn sie ein paar Voraussetzungen erfüllen.

2. Es geht um die Botschaft, nicht um die RednerInnen
Die Regel lautet: Verkaufe dich nicht selbst! Beispiele sind zwar schon erlaubt, aber wenn du nur dein eigenes Produkt vermarkten möchtest, bist du bei TED einfach falsch.

3. „Warum möchte ich auf die Bühne?“
Wenn die Antwort lautet: Weil ich eine Botschaft habe, die ich Menschen mitgeben möchte, dann ist TED vielleicht die richtige Bühne für dich. Wer es allerdings aus Egozentrik und Selbstdarstellung machen will, sollte es lieber lassen.

Gerald: Moritz, abschließend: Was ist deine persönliche TED-Botschaft, die du den Menschen gerne mitgeben möchtest?

Moritz: Ich finde es wichtig, dass man gerade in Zeiten, wo die Nachrichtengewichtung so komisch ist, seine eigene Geschichte in die Welt hinausträgt. Dass man sich nicht nur Zeit dafür nimmt, seine Botschaft zu verbreiten, sondern auch dafür, anderen zuzuhören. Die Welt wird immer schneller, nichts geht mehr wirklich in die Tiefe. Und, ganz ehrlich: Wer hört heute eigentlich noch zu? TEDx soll Menschen daran erinnern, wie wichtig eine tiefe Botschaft mit Herz im Alltag ist.

Impressionen der TEDxDornbirn 2018 [Bildquelle © Nicola Weiß]

 

Gerald: Vielen herzlichen Dank für deinen Blick hinter die Kulissen Moritz!
Wir wünschen euch eine großartige TEDx Veranstaltung 🙂

 

Dein Rhetorik-Trainer
Gerald Kern

 

MORITZ KEMPF

Moritz Kempf hat mehr als 14 Jahre Erfahrung im Bereich Marketing und Werbung. Er agiert als Vernetzer, Ermutiger, Wegbegleiter und wirkender Aufklärer für Unternehmen. Mit den notwendigen Kompetenzen, aufrichtigem Interesse und Offenheit verhilft er ihnen, ihre echten Werte zu definieren, zu kommunizieren und herauszuarbeiten. Seine Core Story und die Glaubenssätze, die ihn begleiten, findest du auf https://www.jungemitideen.de.

 

 

Quellen:

  1. http://tedxdornbirn.com/
  2. Moritz Kempf: https://www.jungemitideen.de/
  3. https://www.ted.com
  4. Chris Anderson (2017): TED-Talks: The official TED Guide to Public Speaking
  5. https://tedxmcinnsbruck.at/
  6. https://www.tedxfhkufstein.at/

 

Bild- und Videoquellen in diesem Artikel:

  1. © Nicola Weiß
  2. YouTube
  3. http://tedxdornbirn.com/